Polizeigesetz des Freistaates Sachsen (SächsPolG)
in der Fassung der Bekanntmachung vom
13. August 1999,
zuletzt geändert durch Gesetz vom
5.5.2004, SächsGVBl. 2004, S. 148
Teil I
Das Recht der Polizei
Abschnitt 1
Aufgaben der Polizei
Allgemeines
(1) Die Polizei
hat die Aufgabe, von dem Einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren,
durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird und Störungen
der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen, soweit es im
öffentlichen Interesse geboten ist. Sie hat insbesondere
1. die freiheitliche demokratische
Grundordnung zu schützen und die ungehinderte Ausübung der Grundrechte und der
staatsbürgerlichen Rechte zu gewährleisten,
2. Straftaten zu verhindern und
vorbeugend zu bekämpfen und
3. Vorbereitungen zu treffen, um
künftige Gefahren abwehren zu können.
(2) Außerdem hat
die Polizei die ihr durch andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben
wahrzunehmen.
Tätigwerden für andere Stellen
(1) Ist zur Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe im Sinne des § 1 Abs. 1 nach gesetzlicher Vorschrift eine andere Stelle zuständig und erscheint deren rechtzeitiges Tätigwerden bei Gefahr im Verzug nicht erreichbar, so hat die Polizei die notwendigen vorläufigen Maßnahmen zu treffen. Die zuständige Stelle ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei nach diesem Gesetz nur auf Antrag des Berechtigten und nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
Abschnitt 2
Befugnisse der Polizei
Unterabschnitt 1
Allgemeines
Polizeiliche Maßnahmen
(1) Die Polizei kann innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, soweit die Befugnisse der Polizei nicht besonders geregelt sind.
(2) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die ihr nach pflichtmäßigem Ermessen erforderlich erscheint und den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
(3) Durch eine polizeiliche Maßnahme darf kein Nachteil herbeigeführt werden, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.
(4) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.
Maßnahmen gegenüber dem Verursacher
(1) Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch das Verhalten von Personen bedroht oder gestört, so hat die Polizei ihre Maßnahmen gegenüber demjenigen zu treffen, der die Bedrohung oder die Störung verursacht hat.
(2) Ist die Bedrohung oder die Störung durch eine Person verursacht worden, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, so kann die Polizei ihre Maßnahmen auch gegenüber demjenigen treffen, dem die Sorge für diese Person obliegt. Ist für eine Person ein Betreuer bestellt, so kann die Polizei ihre Maßnahmen auch gegenüber dem Betreuer im Rahmen seines Aufgabenbereichs treffen.
(3) Ist die Bedrohung oder die Störung durch eine Person verursacht worden, die von einem anderen zu einer Verrichtung bestellt worden ist, so kann die Polizei ihre Maßnahmen auch gegenüber dem anderen treffen.
Maßnahmen gegenüber dem Eigentümer oder
dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt
Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch den Zustand einer Sache bedroht oder gestört, so hat die Polizei ihre Maßnahmen gegenüber dem Eigentümer oder gegenüber demjenigen zu treffen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt.
Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme
(1) Die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme durch die Polizei ist nur zulässig, wenn der polizeiliche Zweck durch Maßnahmen gegen die in den .§§ 4 und 5 bezeichneten Personen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Der von der Maßnahme Betroffene ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Entstehen der Polizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten, so sind die in den .§§ 4 und 5 bezeichneten Personen zu deren Ersatz verpflichtet.
Maßnahmen gegenüber Unbeteiligten
(2) Die Maßnahmen dürfen nur aufrechterhalten werden, solange die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.
Ausweispflicht
Auf Verlangen des Betroffenen haben sich Bedienstete der Polizeibehörden und des Polizeivollzugsdienstes auszuweisen. Das gilt nicht, wenn die Umstände es nicht zulassen oder dadurch der Zweck der Maßnahme gefährdet wird.
Unterabschnitt 2
Polizeiverordnungen
§ 9
Ermächtigung zum Erlass von Polizeiverordnungen
(1) Die allgemeinen Polizeibehörden können zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz polizeiliche Gebote oder Verbote erlassen, die für eine unbestimmte Anzahl von Fällen an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichtet sind (Polizeiverordnungen).
(2) Die Vorschriften dieses Gesetzes über Polizeiverordnungen sind auch dann anzuwenden, wenn ein anderes Gesetz ausdrücklich zum Erlass von Polizeiverordnungen ermächtigt.
§ 10
Inhalt
Polizeiverordnungen dürfen nicht mit Rechtsvorschriften höheren Ranges in Widerspruch stehen.
§ 11
Formerfordernisse
§
12
Zuständigkeit
§ 13
Eintritt der zur Fachaufsicht
zuständigen Behörde
Weigert sich eine Polizeibehörde, eine nach Ansicht einer zur Fachaufsicht zuständigen Behörde erforderliche Polizeiverordnung zu erlassen, so kann die Polizeiverordnung von der nächsthöheren zur Fachaufsicht zuständigen Behörde (§ 66) erlassen werden.
§ 14
Polizeiverordnungen der Orts- und
Kreispolizeibehörden
(1) Polizeiverordnungen der Ortspolizeibehörden werden, wenn sie nicht länger als einen Monat gelten sollen, vom Bürgermeister, im Übrigen vom Gemeinderat, erlassen. Sie werden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen der Gemeinde bestimmten Form verkündet.
(2) Für Polizeiverordnungen der Kreispolizeibehörden gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend. Sie werden in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen des Landkreises, bei Kreisfreien Städten in der für die öffentliche Bekanntmachung von Satzungen der Gemeinde bestimmten Form, verkündet.
§ 15
Prüfung durch die Fachaufsichtsbehörde
(1) Polizeiverordnungen der Kreispolizeibehörden und der Ortspolizeibehörden sind der nächsthöheren zur Fachaufsicht zuständigen Behörde unverzüglich nach ihrem Erlass vorzulegen.
(2) Beeinträchtigt eine Polizeiverordnung das Wohl des Gemeinwesens, verletzt sie die Rechte Einzelner oder verstößt sie gegen Anordnungen übergeordneter Behörden, so ist sie aufzuheben; verstößt sie gegen § 10, so ist ihre Nichtigkeit festzustellen.
§ 16
Außer-Kraft-Treten
Polizeiverordnungen treten spätestens zehn Jahre nach ihrem In-Kraft-Treten außer Kraft.
§ 17
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Polizeiverordnung zuwiderhandelt, soweit die Polizeiverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörden im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Ortspolizeibehörden.
(4) Das fachlich zuständige Staatsministerium kann die Zuständigkeiten nach Absatz 3 durch Rechtsverordnung auf andere Behörden übertragen.
Unterabschnitt 3
Einzelmaßnahmen
Befragung, Vorladung, Vernehmung
(1) Die Polizei kann eine Person befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.
(2) Die Polizei kann eine Person vorladen, wenn(7) Für die Entschädigung eines auf Vorladung erscheinenden Zeugen oder Sachverständigen gilt das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entsprechend.
(8) Die Polizei darf keinen unmittelbaren Zwang zur Herbeiführung einer Aussage anwenden.
(9) Für Vernehmungen durch die Polizei, die nicht der Verfolgung einer mit Strafe oder Geldbuße bedrohten Handlung dienen, gelten die §§ 68a, 136a und 69 Abs. 3 der Strafprozessordnung entsprechend.
Identitätsfeststellung
(1a) Das Staatsministerium des Innern erfasst den Umfang und die Ergebnisse der Anwendung von Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 und berichtet hierüber jährlich dem Sächsischen Landtag.
(2) Die Polizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie kann den Betroffenen insbesondere anhalten und verlangen, dass er mitgeführte Ausweispapiere vorzeigt und zur Prüfung aushändigt. Der Betroffene kann festgehalten und zur Dienststelle gebracht werden, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.
(3) Die Polizei kann verlangen, dass ein Berechtigungsschein vorgezeigt und zur Prüfung ausgehändigt wird, wenn der Betroffene aufgrund einer Rechtsvorschrift verpflichtet ist, diesen Berechtigungsschein mitzuführen.
Erkennungsdienstliche Maßnahmen
Platzverweis, Aufenthaltsverbot,
Wohnungsverweisung
(1) Die Polizei kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten. Dies gilt insbesondere für Personen, die den Einsatz der Feuerwehr oder der Hilfs- und Rettungsdienste behindern.
(2) Die Polizei kann einer Person für höchstens drei Monate den Aufenthalt in einem Gemeindegebiet oder -gebietsteil untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Das Verbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen. Die Vorschriften des Versammlungsrechts sowie die Wahrnehmung berechtigter Interessen durch die betroffene Person bleiben unberührt.
(3) Die Polizei kann eine Person für bis zu 7 Tage aus einer Wohnung und dem unmittelbar angrenzenden Bereich verweisen und ihr die Rückkehr in diesen Bereich untersagen, wenn dies zur Abwehr einer von dieser Person ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit von Bewohnern derselben Wohnung erforderlich ist.
Gewahrsam
(3) Die Polizei kann eine Person, die aus dem Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Justizvollzugsanstalt aufhält, in Gewahrsam nehmen und in die Anstalt zurückbringen.
(4) Der in Gewahrsam genommenen Person ist unverzüglich der Grund dieser Maßnahme sowie der gegen sie zulässige Rechtsbehelf bekannt zu geben und Gelegenheit zur Beiziehung eines Bevollmächtigten zu geben.
(5) Der in Gewahrsam genommenen Person ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, einen Angehörigen oder eine Person ihres Vertrauens zu benachrichtigen, soweit dadurch der Zweck des Gewahrsams nicht gefährdet wird. Die Polizei hat die Benachrichtigung zu übernehmen, wenn die in Gewahrsam genommene Person hierzu nicht in der Lage ist und die Benachrichtigung ihrem mutmaßlichen Willen nicht widerspricht. Ist die in Gewahrsam genommene Person minderjährig oder ist für sie ein Betreuer bestellt, so ist in jedem Falle unverzüglich derjenige zu benachrichtigen, dem die Sorge für die Person obliegt.
(6) Der in Gewahrsam genommenen Person dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck des Gewahrsams oder die Sicherheit oder Ordnung im Gewahrsam erfordern. Sie ist getrennt von anderen festgehaltenen Personen, insbesondere von Untersuchungs- und Strafgefangenen unterzubringen, sofern die Umstände dies zulassen. Gibt ihr Gesundheitszustand Anlass zur Besorgnis, so ist eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen.
(7) Nimmt die Polizei eine Person nach Absatz 1 oder 2 in Gewahrsam, so hat sie unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer des Gewahrsams herbeizuführen. Der Herbeiführung der Entscheidung bedarf es nicht, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung erst nach Wegfall des Grundes des Gewahrsams ergehen würde. In der Entscheidung ist die höchstzulässige Dauer des Gewahrsams zu bestimmen; sie darf im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 zwei Wochen und in den übrigen Fällen drei Tage nicht überschreiten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Der Gewahrsam darf ohne richterliche Entscheidung nicht länger als bis zum Ende des folgenden Tages aufrechterhalten werden. Der Gewahrsam ist in jedem Falle aufzuheben, sobald sein Zweck erreicht ist.
(8) Für die Entscheidung nach Absatz 7 ist, solange die Maßnahme andauert, das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk eine Person in Gewahrsam genommen worden ist. Für das Verfahren gelten insoweit die Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen vom 29. Juni 1956 (BGBl. I S. 599, BGBl. III 316-1), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2461, 2468), in der jeweils geltenden Fassung.
Durchsuchung von Personen
(3) Die Durchsuchung darf nur von Personen gleichen Geschlechts oder Ärzten durchgeführt werden; dies gilt nicht, wenn die sofortige Durchsuchung nach den Umständen zum Schutz gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich erscheint.
Durchsuchung von Sachen
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen
(4) Die Nachtzeit umfasst in dem Zeitraum vom 1. April bis 30. September die Stunden von 21.00 Uhr bis 4.00 Uhr und in dem Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. März die Stunden von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr.
(5) Außer bei Gefahr im Verzug darf die Durchsuchung einer Wohnung nur durch das Amtsgericht angeordnet werden, in dessen Bezirk die Durchsuchung vorgenommen werden soll. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts kann ohne vorherige Anhörung des Betroffenen ergehen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntmachung an ihn. Gegen die Entscheidung des Gerichts findet die sofortige Beschwerde statt; die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.
(6) Der Wohnungsinhaber hat das Recht, bei der Durchsuchung anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, soweit möglich und soweit hierdurch keine schutzwürdigen Belange des Wohnungsinhabers verletzt werden, ein Vertreter oder ein Zeuge beizuziehen. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter sind der Grund der Durchsuchung und die zulässigen Rechtsbehelfe unverzüglich bekannt zu geben.
(7) Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit, Ort und Ergebnis der Durchsuchung enthalten. Die Niederschrift ist von dem die Durchsuchung leitenden Bediensteten und dem Wohnungsinhaber oder der zugezogenen Person zu unterzeichnen. Wird die Unterschrift verweigert, so ist hierüber ein Vermerk aufzunehmen. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Betroffenen lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.
Sicherstellung
(1) Die Polizei kann eine Sache sicherstellen, wenn dies erforderlich ist, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen.
(2) Der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist unverzüglich zu unterrichten.
(3) Bei der Verwahrung sichergestellter Sachen ist den berechtigten Belangen des Eigentümers oder des rechtmäßigen Inhabers der tatsächlichen Gewalt Rechnung zu tragen.
(4) Die Sicherstellung ist aufzuheben, wenn der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt dies verlangt oder wenn ein Schutz nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch nach zwei Wochen.
(5) Diese Bestimmungen finden auch auf verlorene Sachen Anwendung, soweit in den gesetzlichen Vorschriften über den Fund nichts anderes bestimmt ist.
Beschlagnahme
Einziehung
(1) Die zuständige allgemeine Polizeibehörde kann eine beschlagnahmte Sache einziehen, wenn diese nicht mehr herausgegeben werden kann, ohne dass die Voraussetzungen der Beschlagnahme erneut eintreten. Die Einziehung ist schriftlich anzuordnen.
(2) Die eingezogenen Sachen werden im Wege der öffentlichen Versteigerung (§ 383 Abs. 3 BGB) verwertet. Die Polizeibehörde kann die Versteigerung durch einen ihrer Bediensteten vornehmen lassen. Ein Zuschlag, durch den die Voraussetzungen der Einziehung erneut eintreten würden, ist zu versagen.
(2a) Bleibt die Versteigerung erfolglos, erscheint sie von vornherein aussichtslos oder werden die Kosten der Versteigerung voraussichtlich den Erlös übersteigen, kann die Sache freihändig veräußert werden.
(3) Kann eine eingezogene Sache nicht verwertet werden, so ist sie unbrauchbar zu machen oder zu vernichten; sie kann auch einem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden.
(4) Die Kosten der Verwertung, Unbrauchbarmachung oder Vernichtung fallen dem Betroffenen zur Last. Der verbleibende Erlös ist dem Betroffenen herauszugeben.
Verwahrung und Notveräußerung
sichergestellter und beschlagnahmter Sachen
(1) Sichergestellte Sachen sind so zu verwahren, dass sie der Einwirkung Unbefugter entzogen sind; Wertminderungen ist nach Möglichkeit vorzubeugen. Ist eine amtliche Verwahrung nicht möglich oder nicht zweckmäßig, so ist die sichergestellte Sache einem Dritten zur Verwahrung zu übergeben. Entstehen der Polizei durch die Sicherstellung, Verwahrung oder Notveräußerung Kosten, so ist der Eigentümer oder der rechtmäßige Inhaber der tatsächlichen Gewalt zum Ersatz verpflichtet.
(2) Sichergestellte Sachen können verwertet werden, wennUnterabschnitt 4
Polizeizwang
Allgemeines, Zuständigkeit
(1) Die Polizei wendet unmittelbaren Zwang nach den Vorschriften dieses Gesetzes, andere Zwangsmittel nach den Vorschriften des Sächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes an.
(2) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs obliegt dem Polizeivollzugsdienst.
Begriff und Mittel des unmittelbaren
Zwangs
(1) Unmittelbarer Zwang ist jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch.
(2) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reizstoffe sowie zum Sprengen von Sachen bestimmte explosive Stoffe (Sprengmittel). Das Staatsministerium des Innern kann weitere Hilfsmittel der körperlichen Gewalt zulassen.
(3) Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und automatische Handfeuerwaffen zugelassen.
Voraussetzungen und Durchführung des
unmittelbaren Zwangs
(1) Unmittelbarer Zwang darf nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck auf andere Weise nicht erreichbar erscheint. Unmittelbarer Zwang darf nicht mehr angewandt werden, wenn der Zweck erreicht ist. Gegen Personen darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn der polizeiliche Zweck durch unmittelbaren Zwang gegen Sachen nicht erreichbar erscheint. Das angewandte Mittel muss nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein. Gegenüber einer Menschenansammlung darf unmittelbarer Zwang nur angewandt werden, wenn seine Anwendung gegen einzelne Teilnehmer der Menschenansammlung offensichtlich keinen Erfolg verspricht.
(2) Unmittelbarer Zwang ist vor seiner Anwendung anzudrohen. Von der Androhung kann abgesehen werden, wenn die Umstände sie nicht zulassen, insbesondere wenn die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist. Als Androhung des Schusswaffengebrauchs gilt auch die Abgabe eines Warnschusses.
(3) Schusswaffen dürfen nur dann ohne Androhung gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(4) Gegenüber einer Menschenmenge ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs möglichst so rechtzeitig anzudrohen, dass sich Unbeteiligte noch entfernen können. Der Gebrauch der Schusswaffe gegen Personen in einer Menschenmenge ist stets anzudrohen; die Androhung ist vor dem Gebrauch zu wiederholen. Bei Gebrauch von technischen Sperren und Dienstpferden kann von der Androhung abgesehen werden.
(5) Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Vollstreckung von Verwaltungsakten der Polizei gelten im Übrigen die Vorschriften des Sächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes.
Voraussetzungen des
Schusswaffengebrauchs
(1) Der Schusswaffengebrauch ist nur zulässig, wenn die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs vorliegen und wenn einfache körperliche Gewalt sowie verfügbare Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder mitgeführte Schlagstöcke erfolglos angewandt worden sind oder ihre Anwendung offensichtlich keinen Erfolg verspricht. Auf Personen darf erst geschossen werden, wenn der polizeiliche Zweck durch Waffenwirkung gegen Sachen nicht erreicht werden kann.
(2) Der Schusswaffengebrauch ist unzulässig, wenn erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet werden. Das gilt nicht, wenn der Schusswaffengebrauch das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr ist.
Schusswaffengebrauch gegenüber Personen
Abschnitt 3
Datenverarbeitung des
Polizeivollzugsdienstes
Unterabschnitt 1
Allgemeines
Anwendungsbereich
Auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Polizeivollzugsdienst zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz ist das Gesetz zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz - SächsDSG) vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330) anzuwenden, soweit dieses Gesetz keine abweichenden Regelungen trifft.
Begriffsbestimmungen
Unterabschnitt 2
Erhebung von Daten
Grundregeln der Erhebung von Daten
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten erheben, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der ihm durch dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist.
(2) Personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, sind beim Betroffenen mit seiner Kenntnis zu erheben. Dabei ist ihm auf Verlangen der Erhebungszweck mitzuteilen, soweit dadurch nicht die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet wird. Werden die Daten aufgrund einer Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, so ist der Betroffene hierauf, sonst auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. Über die Folgen der Verweigerung von Angaben ist der Betroffene aufzuklären.
(3) Bei Dritten können personenbezogene Daten nur erhoben werden, wenn(5) Personenbezogene Daten sind grundsätzlich offen zu erheben. Eine Datenerhebung, die nicht als polizeiliche Maßnahme erkennbar sein soll (verdeckte Datenerhebung), ist nur zulässig, wenn sonst die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgabe gefährdet oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich oder wenn anzunehmen ist, dass dies den überwiegenden Interessen des Betroffenen entspricht. Die verdeckte Datenerhebung ist unzulässig, soweit eine Auskunftspflicht nach § 18 Abs. 6 Satz 4 nicht besteht. Ein Eingriff in andere geschützte Vertrauensverhältnisse ist nur zulässig, sofern er zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leben oder Freiheit einer Person oder einer gegenwärtigen erheblichen Gesundheitsgefahr zwingend erforderlich ist. Die allgemeine Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit im öffentlichen Dienst begründet kein geschütztes Vertrauensverhältnis.
Erhebung von Daten bei öffentlichen
Veranstaltungen, Ansammlungen und besonders gefährdeten Objekten
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, personenbezogene Daten, auch durch den Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen, von den Personen erheben, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten begehen werden oder dass von ihnen sonstige erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Die Erhebung darf auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(2) Der Polizeivollzugsdienst kann an den in § 19 Abs. 1 Nr. 2 genannten Orten und in den in § 19 Abs. 1 Nr. 3 genannten Objekten oder in deren unmittelbarer Nähe personenbezogene Daten durch Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen von Personen erheben, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass an Orten dieser Art oder an oder in Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die Personen, Sach- oder Vermögenswerte gefährdet werden. Die Erhebung kann auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(3) Die nach Absatz 1 oder 2 angefertigten Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen und daraus gefertigte Unterlagen sind spätestens nach zwei Monaten zu löschen oder zu vernichten, soweit diese nicht zur Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 zum Schutz privater Rechte, insbesondere zur Behebung einer bestehenden Beweisnot, erforderlich sind; § 43 Abs. 6 bleibt unberührt.
Einsatz besonderer Mittel zur Erhebung
von Daten
(3) Die Anordnung des Einsatzes besonderer Mittel muss schriftlich begründet werden und ist zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf einer erneuten Anordnung.
(4) Soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Zuständigkeit bestimmt wird, erfolgt die Anordnung in den Fällen des § 36 Abs. 2 Nr. 1 und 4 durch den Leiter des Landeskriminalamtes, der Landespolizeidirektion Zentrale Dienste oder einer Polizeidirektion; diese können die Anordnungsbefugnis auf eine von ihnen beauftragte Person übertragen. In den Fällen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 und 3 erfolgt die Anordnung durch das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Maßnahme überwiegend durchgeführt werden soll. § 25 Abs. 5 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. Bei Gefahr im Verzug kann die Maßnahme auch durch eine der in Satz 1 genannten Personen angeordnet werden. Deren Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen durch das Amtsgericht bestätigt wird; die Bestätigung ist unverzüglich zu beantragen. Lehnt das Gericht den Antrag unanfechtbar ab, dürfen die zuvor erhobenen Daten nicht verwertet werden; sie sind unverzüglich zu löschen.
(5) Sofern das besondere Mittel im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 ausschließlich zum Schutz der bei einem polizeilichen Einsatz tätigen Personen eingesetzt wird, tritt die Anordnung durch eine der in Absatz 4 Satz 1 genannten Personen an die Stelle der richterlichen Anordnung. Aufzeichnungen sind unverzüglich, spätestens jedoch zwei Monate nach Beendigung des Einsatzes zu löschen, es sei denn, sie sind zur Verfolgung von Straftaten gegen Leben, Gesundheit oder Freiheit einer bei dem Einsatz tätigen Person erforderlich. Die Verwertung der Aufzeichnungen ist nur zulässig, wenn das Amtsgericht zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.
(6) Soweit der Einsatz besonderer Mittel im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 richterlich angeordnet ist, können Gegenstände, insbesondere Fahrzeuge, zur Durchführung der Maßnahme vorübergehend in polizeiliche Obhut genommen, verändert oder an einen anderen Ort verbracht werden. § 26 Abs. 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.
(7) Daten dürfen auch dann nach Absatz 1 erhoben werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden. Bild- und Tonaufnahmen oder -aufzeichnungen, die ausschließlich Personen betreffen, gegen die sich die Datenerhebungen nicht richten, sind unverzüglich zu löschen oder zu vernichten, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 36 Abs. 1) erforderlich sind.
(8) Die Betroffenen sind nach Abschluss der Maßnahme hierüber durch den Polizeivollzugsdienst unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder ohne Gefährdung des Zwecks der Datenerhebung erfolgen kann. Im Fall des § 36 Abs. 2 Nr. 3 sind auch die Personen zu unterrichten, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung der Verdeckte Ermittler betreten hat.
(9) Eine Unterrichtung unterbleibt, wenn wegen des auslösenden Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet und Akteneinsicht gewährt worden ist. Im Fall des § 36 Abs. 2 Nr. 3 unterbleibt die Unterrichtung auch, soweit sie nicht ohne Gefährdung von Leib oder Leben des Verdeckten Ermittlers geschehen kann.
(10) Der Staatsminister des Innern erstattet dem Sächsischen Landtag jährlich Bericht über abgeschlossene Maßnahmen unter Einsatz besonderer Mittel nach § 36 Abs. 2 .
Erhebung von Daten in oder aus Wohnungen
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann durch den Einsatz besonderer Mittel im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 in oder aus Wohnungen personenbezogene Daten über die für eine Gefahr Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 über die dort genannten Personen erheben, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist. In oder aus Wohnungen von Personen, die für die Gefahr nicht verantwortlich sind, ist die Datenerhebung nur unter den Voraussetzungen des § 7 zulässig.
(2) Der Polizeivollzugsdienst kann Wohnungen der für eine Gefahr Verantwortlichen und unter den Voraussetzungen des § 7 Wohnungen der dort genannten Personen betreten, wenn dies erforderlich ist, um die technischen Voraussetzungen des Einsatzes besonderer Mittel im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 zu schaffen.
Verdeckte Ermittler
(1) Soweit es für den Aufbau und zur Aufrechterhaltung der Legende eines Verdeckten Ermittlers unerlässlich ist, können entsprechende Urkunden hergestellt, verändert und gebraucht werden. Ein Verdeckter Ermittler kann unter der Legende zur Erfüllung seines Auftrages am Rechtsverkehr teilnehmen.
(2) Ein Verdeckter Ermittler kann unter Verwendung seiner Legende eine Wohnung mit dem Einverständnis des Berechtigten betreten. Das Einverständnis darf nicht durch ein über die Benutzung der Legende hinausgehendes Vortäuschen eines Zutrittsrechts herbeigeführt werden. Im Übrigen richten sich die Befugnisse eines Verdeckten Ermittlers nach diesem Gesetz.
Polizeiliche Beobachtung
(1) Beim Antreffen einer zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebenen Person oder des von ihr benutzten Kraftfahrzeugs können Erkenntnisse über das Antreffen sowie über gemeinsam mit der ausgeschriebenen Person angetroffene Personen oder Insassen des Kraftfahrzeugs sowie über mitgeführte Sachen an die ausschreibende Polizeidienststelle übermittelt werden. Daten über nicht zur polizeilichen Beobachtung ausgeschriebene Personen dürfen nur gespeichert werden, soweit es sich um Kontakt- oder Begleitpersonen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 3 handelt. Diese Einschätzung ist aktenkundig zu machen.
(2) Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung kann für höchstens ein Jahr angeordnet werden. Eine Verlängerung um nicht mehr als jeweils ein Jahr ist zulässig, soweit die Voraussetzungen weiterhin vorliegen. Spätestens nach Ablauf von jeweils sechs Monaten hat die ausschreibende Polizeidienststelle zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausschreibung noch bestehen. Das Ergebnis der Prüfung ist aktenkundig zu machen.
(3) Zur polizeilichen Beobachtung können auch solche Personen ausgeschrieben werden, die eine Straftat von erheblicher Bedeutung (§ 36 Abs. 1) begangen haben, wenn die aufgrund von Tatsachen vorgenommene Gesamtwürdigung der Person erwarten lässt, dass diese auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 36 Abs. 1) begehen wird. Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung gemäß Satz 1 ist nur zulässig, solange nicht ein Verwertungsverbot gemäß § 51 Abs. 1 des Bundeszentralregistergesetzes besteht.
(4) Liegen die Voraussetzungen für die Ausschreibung nicht mehr vor, ist der Zweck der Ausschreibung erreicht oder kann er nicht erreicht werden, ist die Ausschreibung unverzüglich zu löschen.
Unterabschnitt 3
Sonstige Verarbeitung von Daten
§ 43
Speicherung, Veränderung und Nutzung von
Daten
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten in Akten oder Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben, zu einer zeitlich befristeten Dokumentation oder zur Vorgangsverwaltung erforderlich ist. Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten nur für Zwecke speichern, verändern und nutzen, für die die Daten erhoben worden sind. Für andere Zwecke kann er personenbezogene Daten nur speichern, verändern und nutzen, wenn die Daten für diese Zwecke mit den Mitteln hätten erhoben werden dürfen, mit denen sie zulässigerweise erhoben worden sind.
(1a) Daten, die gemäß § 13 Abs. 4 SächsDSG gespeichert worden sind, sind nach spätestens einem Jahr zu löschen. Sie dürfen nach Anordnung durch den Leiter des Landeskriminalamtes oder einen von ihm beauftragten Beamten auch zum Zweck der Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte sowie zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (§ 36 Abs. 1) verwendet werden. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Polizeivollzugsdienst kann auch personenbezogene Daten, die er im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren oder von Personen gewonnen hat, die verdächtig sind, eine Straftat begangen zu haben, speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Gefahrenabwehr, insbesondere zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Entfällt der der Speicherung zugrunde liegende Verdacht, sind die Daten zu löschen.
(3) Die Dauer der Speicherung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken. Für automatisierte Dateien sind Termine festzulegen, an denen spätestens überprüft werden muss, ob die suchfähige Speicherung von Daten weiterhin erforderlich ist (Prüfungstermine). Für nichtautomatisierte Dateien und Akten sind Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen festzulegen. Dabei sind der Speicherungszweck sowie Art und Bedeutung des Anlasses der Speicherung zu berücksichtigen.
(4) Die nach Absatz 3 festzulegenden Prüfungstermine oder Aufbewahrungsfristen dürfen bei Erwachsenen zehn Jahre, bei Jugendlichen fünf Jahre und bei Kindern zwei Jahre nicht überschreiten. In Fällen von geringerer Bedeutung sind kürzere Fristen festzusetzen. Die Frist beginnt regelmäßig mit dem Ende des Jahres, in dem das letzte Ereignis erfasst worden ist, das zur Speicherung von Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung des Betroffenen aus einer Justizvollzugsanstalt oder der Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung.
(5) Sofern die Voraussetzungen der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung vorliegen, kann abweichend von Absatz 4 ein späterer Prüfungstermin oder eine längere Aufbewahrungsfrist festgelegt werden. Wird die Speicherung oder Aufbewahrung nach dem Prüfungstermin fortgesetzt, ist nach spätestens drei Jahren eine erneute Prüfung durchzuführen.
(6) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten auch zur Aus- und Fortbildung nutzen. Die Anonymisierung kann unterbleiben, wenn diese nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist oder dem Aus- und Fortbildungszweck entgegensteht und jeweils die berechtigten Interessen des Betroffenen an der Geheimhaltung der Daten ausnahmsweise nicht überwiegen.
§ 44
(aufgehoben)
§ 45
Datenübermittlung an nichtöffentliche
Stellen
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann von Amts wegen personenbezogene Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der ihm durch dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften übertragenen Aufgaben erforderlich ist.
(2) Der Polizeivollzugsdienst kann auf Antrag an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs personenbezogene Daten übermitteln, soweit der Antragsteller§ 46
Datenabgleich
(1) Der Polizeivollzugsdienst kann personenbezogene Daten der in §§ 4 und 5 genannten Personen mit dem Inhalt polizeilicher Dateien abgleichen. Personenbezogene Daten anderer Personen kann der Polizeivollzugsdienst nur abgleichen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Wahrnehmung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. Der Polizeivollzugsdienst kann ferner die im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben erlangten personenbezogenen Daten mit dem Fahndungsbestand abgleichen. Für die Dauer des Datenabgleichs kann der Betroffene angehalten werden.
(2) Rechtsvorschriften über den Datenabgleich in anderen Fällen bleiben unberührt.
Rasterfahndung
(2) Das Übermittlungsersuchen ist auf die in § 18 Abs. 3 genannten und die sonstigen im Einzelfall erforderlichen Daten zu beschränken. Ist ein Aussondern der zu übermittelnden Daten nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, so können die weiteren Daten ebenfalls übermittelt werden. Eine Verwendung dieser weiteren Daten ist unzulässig.
(3) Die Rasterfahndung kann nur durch die in § 39 Abs. 4 Satz 1 genannten Personen mit Zustimmung des Staatsministeriums des Innern angeordnet werden. Von der Maßnahme ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte unverzüglich zu unterrichten. Ist der Zweck der Maßnahme erreicht oder zeigt sich, dass er nicht erreicht werden kann, sind die übermittelten und die im Zusammenhang mit der Maßnahme zusätzlich angefallenen Daten zu löschen und die Unterlagen zu vernichten, soweit sie nicht zur Verfolgung von Straftaten erforderlich sind.
§ 48
Automatisiertes Abrufverfahren
(1) Das Staatsministerium des Innern kann zur Übermittlung personenbezogener Daten zwischen Polizeidienststellen des Freistaates Sachsen automatisierte Abrufverfahren im Sinne des § 8 Abs. 1 SächsDSG einrichten.
(2) Das Staatsministerium des Innern kann zur Erfüllung vollzugspolizeilicher Aufgaben mit anderen Ländern und dem Bund einen Datenverbund vereinbaren, der eine automatisierte Datenübermittlung zwischen Polizeidienststellen ermöglicht.
§ 49
Berichtigung, Löschung und Sperrung von
Daten
§ 50
Errichtungsanordnung
(1) Vor dem erstmaligen Einsatz von automatisierten Verfahren, mit denen Polizeidienststellen personenbezogene Daten verarbeiten, sind in einer Errichtungsanordnung die in § 10 Abs. 1 SächsDSG genannten Angaben festzulegen.
(2) Die Errichtungsanordnung bedarf der Zustimmung des Staatsministeriums des Innern. Vor dem erstmaligen Einsatz von automatisierten Verfahren nach Absatz 1 ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte zu unterrichten.
§ 51
Auskunft
Der Polizeivollzugsdienst erteilt Auskunft über die von ihm gespeicherten personenbezogenen Daten nach § 18 SächsDSG; er ist jedoch nicht verpflichtet, über die Herkunft der Daten Auskunft zu erteilen, soweit dadurch die Erfüllung polizeilicher Aufgaben gefährdet würde.
Abschnitt 4
Entschädigung
Voraussetzungen
(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 kann der Unbeteiligte, gegenüber dem die Polizei eine Maßnahme getroffen hat, eine angemessene Entschädigung für den ihm durch die Maßnahme entstandenen Schaden verlangen. Dies gilt nicht, soweit die Maßnahme zum Schutz seiner Person oder seines Vermögens getroffen worden ist.
(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, soweit die Ersatzpflicht wegen Maßnahmen nach § 7 Abs. 1 in besonderen gesetzlichen Vorschriften geregelt ist.
Inhalt, Art und Umfang der Entschädigung
(1) Entschädigung nach § 52 wird grundsätzlich nur für Vermögensschaden gewährt. Für entgangenen Gewinn, der über den Ausfall des gewöhnlichen Verdienstes oder Nutzungsentgeltes hinausgeht und für Nachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der polizeilichen Maßnahme stehen, ist Entschädigung nur zu gewähren, wenn und soweit dies zur Abwendung unbilliger Härten geboten erscheint.
(2) Bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder bei einer Freiheitsentziehung ist auch der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen auszugleichen; dieser Anspruch ist nicht übertragbar und nicht vererblich, es sei denn, dass er rechtshängig geworden oder durch Vertrag anerkannt worden ist.
(3) Die Entschädigung wird in Geld gewährt. Hat die zur Entschädigung verpflichtende Maßnahme die Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit oder eine Vermehrung der Bedürfnisse oder den Verlust oder die Beeinträchtigung eines Rechtes auf Unterhalt zur Folge, so ist die Entschädigung durch Entrichtung einer Rente zu gewähren. § 760 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist anzuwenden. Statt der Rente kann eine Kapitalabfindung verlangt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Geschädigten Unterhalt zu gewähren hat.
(4) Stehen dem Geschädigten Ansprüche gegen Dritte zu, so ist, soweit diese Ansprüche nach Inhalt und Umfang dem Entschädigungsanspruch entsprechen, die Entschädigung nur gegen Abtretung dieser Ansprüche zu gewähren.
(5) Bei der Bemessung der Entschädigung sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere Art und Vorhersehbarkeit des Schadens und ob der Geschädigte oder sein Vermögen durch die Maßnahme der Polizei geschützt worden ist. Haben Umstände, die der Geschädigte zu vertreten hat, zur Entstehung oder Vergrößerung des Schadens beigetragen, so hängt die Verpflichtung zur Entschädigung sowie der Umfang der Entschädigung insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend durch die Polizei oder den Geschädigten verursacht worden ist.
Ansprüche mittelbar Geschädigter
(1) Im Falle der Tötung sind im Rahmen des § 53 Abs. 5 die Kosten der Bestattung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.
(2) Stand der Getötete zu einem Dritten in einem Verhältnis, aufgrund dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so kann der Dritte im Rahmen des § 53 Abs. 5 insoweit eine angemessene Entschädigung verlangen, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhaltes verpflichtet gewesen wäre. § 53 Abs. 3 Satz 3 bis 5 sind entsprechend anzuwenden. Die Entschädigung kann auch dann verlangt werden, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war.
Verjährung des Entschädigungsanspruchs
Der Anspruch auf die Entschädigung verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Anspruchsberechtigte von dem Schaden und dem Entschädigungspflichtigen Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von dem Eintritt des schädigenden Ereignisses an.
Entschädigungspflichtiger
Zur Entschädigung ist der Staat oder die Körperschaft verpflichtet, deren Bediensteter die Maßnahme getroffen hat. Ist die Maßnahme von einem Polizeibediensteten auf Weisung einer Polizeibehörde getroffen worden, so ist der Träger der Polizeibehörde zur Entschädigung verpflichtet.
Rückgriff gegen den Verantwortlichen
(1) Die nach § 56 entschädigungspflichtige Körperschaft kann von den nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, wenn sie aufgrund des § 52 Abs. 1 Satz 1 eine Entschädigung gewährt hat.
(2) Sind mehrere Personen nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.
Rechtsweg
Für Ansprüche nach den §§ 52 bis 57 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Teil 2
Die Organisation der Polizei
Abschnitt 1
Gliederung und Aufgabenverteilung
Allgemeines
Zuständigkeitsabgrenzung
(1) Für die Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben sind die Polizeibehörden zuständig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Polizeivollzugsdienst nimmt die polizeilichen Aufgaben wahr, wenn ein sofortiges Tätigwerden erforderlich erscheint.
(3) Für die Wahrnehmung der Befugnisse nach den §§ 18 bis 27 ist auch der Polizeivollzugsdienst zuständig.
Vollzugshilfe
(1) Der Polizeivollzugsdienst leistet auf Ersuchen von Gerichten und Behörden Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist und die ersuchende Stelle nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügt oder ihre Maßnahmen nicht auf andere Weise durchsetzen kann.
(2) Der Polizeivollzugsdienst ist nur für die Art und Weise der Durchführung verantwortlich. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Amtshilfe entsprechend.
(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bleibt unberührt.
Verfahren
(1) Vollzugshilfeersuchen sind schriftlich zu stellen; Grund und Rechtsgrundlage der Maßnahme sind anzugeben.
(2) In Eilfällen kann das Ersuchen formlos gestellt werden; es ist jedoch auf Verlangen unverzüglich schriftlich zu bestätigen.
(3) Die ersuchende Stelle ist von der Ausführung des Ersuchens zu verständigen.
Vollzugshilfe bei Freiheitsentziehung
(1) Hat das Vollzugshilfeersuchen eine Freiheitsentziehung zum Inhalt, ist auch die richterliche Entscheidung über die Freiheitsentziehung vorzulegen oder in dem Ersuchen zu bezeichnen.
(2) Ist eine vorherige richterliche Entscheidung nicht ergangen, hat der Polizeivollzugsdienst die festgehaltene Person zu entlassen, wenn die ersuchende Stelle diese nicht übernimmt oder die richterliche Entscheidung nicht unverzüglich nachträglich beantragt.
(3) § 22 Abs. 4 bis 6 und Abs. 7 Satz 4 gilt entsprechend.
Abschnitt 2
Die Polizeibehörden
Arten der Polizeibehörden
Dienstaufsicht
Fachaufsicht
Weisungsrecht und Unterrichtungspflicht
(1) Die zur Dienstaufsicht oder zur Fachaufsicht zuständigen Behörden können den allgemeinen Polizeibehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit uneingeschränkt Weisungen erteilen. Die allgemeinen Polizeibehörden haben diesen Weisungen Folge zu leisten.
(2) Leistet eine allgemeine Polizeibehörde einer ihr erteilten Weisung keine Folge, so kann an Stelle dieser Behörde jede zur Fachaufsicht zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen treffen.
(3) Die allgemeinen Polizeibehörden sind verpflichtet, die weisungsbefugten Behörden von allen sachdienlichen Wahrnehmungen zu unterrichten.
Allgemeine sachliche Zuständigkeit
(1) Die sachliche Zuständigkeit der Polizeibehörden wird vom fachlich zuständigen Staatsministerium im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung bestimmt, soweit keine gesetzliche Regelung getroffen ist.
(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die Ortspolizeibehörden sachlich zuständig.
Besondere sachliche Zuständigkeit
(1) Erscheint bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der sachlich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar, so können deren Aufgaben von den in § 66 bezeichneten zur Fachaufsicht zuständigen Behörden wahrgenommen werden.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann jede Polizeibehörde innerhalb ihres Dienstbezirkes die Aufgaben einer übergeordneten Polizeibehörde wahrnehmen.
(3) Die zuständige Polizeibehörde ist von den getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.
(4) Diese Bestimmungen gelten nicht für Polizeiverordnungen.
Örtliche Zuständigkeit
(1) Die örtliche Zuständigkeit der Polizeibehörden beschränkt sich auf ihren Dienstbezirk.
(2) Örtlich zuständig ist die Polizeibehörde, in deren Dienstbezirk eine polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen ist. Das fachlich zuständige Staatsministerium kann im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung etwas anderes bestimmen.
(3) Erscheint bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden der örtlich zuständigen Polizeibehörde nicht erreichbar, so kann auch die für einen benachbarten Dienstbezirk zuständige Polizeibehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen. Die örtlich zuständige Polizeibehörde ist von den getroffenen Maßnahmen unverzüglich zu unterrichten.
(4) Kann eine polizeiliche Aufgabe in mehreren Dienstbezirken zweckmäßig nur einheitlich wahrgenommen werden, so wird die örtliche Zuständigkeit von der Behörde geregelt, welche die Fachaufsicht über die beteiligten Polizeibehörden führt. Die Regelung kann auch von der Landespolizeibehörde oder der obersten Landespolizeibehörde getroffen werden.
Abschnitt 3
Der Polizeivollzugsdienst
Polizeidienststellen und Einrichtungen
für den Polizeivollzugsdienst
Aufgaben des Staatsministeriums des
Innern
(1) Das Staatsministerium des Innern ist oberste Dienstbehörde und Führungsstelle des Polizeivollzugsdienstes.
(2) Das Staatsministerium des Innern kann sich oder einer anderen Polizeidienststelle nachgeordnete Polizeidienststellen vorübergehend unmittelbar unterstellen, wenn die Erfüllung der polizeilichen Aufgaben dies erfordert.
(3) Ist bei Gefahr im Verzug ein rechtzeitiges Tätigwerden des Staatsministeriums des Innern nicht zu erreichen, so kann die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste oder, sofern auch deren rechtzeitiges Tätigwerden nicht zu erreichen ist, das Landeskriminalamt Maßnahmen nach Absatz 2 treffen. Das Staatsministerium des Innern ist unverzüglich zu unterrichten.
Aufgaben und Gliederung der
Polizeidienststellen
Die Gliederung des Polizeivollzugsdienstes in Polizeidienststellen und deren Aufgaben werden im Rahmen dieses Gesetzes vom Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung bestimmt.
Dienstaufsicht und Fachaufsicht
(4) Im Übrigen kann das Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung weitere Regelungen über die Dienst- und Fachaufsicht über die nachgeordneten Polizeidienststellen und die Ausbildungs- und Beschaffungseinrichtungen für den Polizeivollzugsdienst treffen.
(5) Die zur Dienstaufsicht oder zur Fachaufsicht zuständigen Stellen können den Polizeidienststellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Weisungen erteilen. Die Polizeidienststellen haben diesen Weisungen Folge zu leisten. Sie sind verpflichtet, die weisungsbefugten Stellen von allen sachdienlichen Wahrnehmungen zu unterrichten.
Weisungsrecht der Kreis- und
Ortspolizeibehörden
Die Kreis- und Ortspolizeibehörden können den Polizeidienststellen im Rahmen ihrer Zuständigkeit fachliche Weisungen erteilen.
Örtliche Zuständigkeit
Die Polizeidienststellen sind im ganzen Landesgebiet zuständig; sie sollen in der Regel jedoch nur in ihrem Dienstbezirk tätig werden.
Amtshandlungen von Polizeibediensteten
anderer Länder und des Bundes im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Polizei- und Grenzzollbedienstete des Bundes entsprechend.
(4) Vollzugsbedienstete anderer Staaten mit polizeilichen Aufgaben können im Zuständigkeitsbereich des Freistaates Sachsen polizeiliche Amtshandlungen vornehmen, soweit dies durch völkerrechtliche Vereinbarungen geregelt ist.
§ 78
Amtshandlungen von Polizeibediensteten
des Freistaates Sachsen außerhalb ihres
Zuständigkeitsbereichs
(1) Die Polizeibediensteten des Freistaates Sachsen dürfen im Zuständigkeitsbereich des Bundes oder eines anderen Bundeslandes nur dann tätig werden, wenn das Bundesrecht oder das jeweilige Landesrecht es vorsieht. Außerhalb der Bundesrepublik Deutschland dürfen die Polizeibediensteten nur tätig werden, soweit dies durch völkerrechtliche Vereinbarungen geregelt ist.
(2) Einer Anforderung von Polizeikräften durch den Bund oder ein anderes Bundesland soll entsprochen werden, soweit nicht die Verwendung der Polizeikräfte im Freistaat Sachsen dringender ist, als die Unterstützung des Bundes oder des anderen Bundeslandes.
Teil 3
Sonstige Bestimmungen
§ 79
Einschränkung von Grundrechten
§ 80
Gemeindliche Vollzugsbedienstete
(1) Die Ortspolizeibehörden können sich zur Wahrnehmung bestimmter auf den Gemeindebereich beschränkter polizeilicher Vollzugsaufgaben gemeindlicher Vollzugsbediensteter bedienen. Das Staatsministerium des Innern bestimmt durch Rechtsverordnung, welche polizeilichen Vollzugsaufgaben auf gemeindliche Vollzugsbedienstete übertragen werden können. Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes bleibt unberührt.
(2) Die gemeindlichen Vollzugsbediensteten haben bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Stellung von Polizeibediensteten im Sinne dieses Gesetzes.
(3) Die Ortspolizeibehörden machen öffentlich bekannt, welche polizeilichen Vollzugsaufgaben auf gemeindliche Vollzugsbedienstete übertragen sind.
§ 81
Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft
Das Staatsministerium des Innern kann im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft, die mit der Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben betraut sind, ohne einer Polizeidienststelle anzugehören, die Stellung von Polizeibediensteten im Sinne dieses Gesetzes haben.
§ 82
Höhere Verwaltungsbehörden
Höhere Verwaltungsbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind die Regierungspräsidien.
§ 83
(In-Kraft-Treten)