zurück zur Übersicht

§ 31 Begriff und Mittel des unmittelbaren Zwangs

(1) Unmittelbarer Zwang ist jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch.

(2) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reizstoffe sowie zum Sprengen von Sachen bestimmte explosive Stoffe (Sprengmittel). Das Staatsministerium des Innern kann weitere Hilfsmittel der körperlichen Gewalt zulassen.

(3) Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und automatische Handfeuerwaffen zugelassen.

  

1. Bedeutung

a) Der Polizei werden zur Ausübung des unmittelbaren Zwangs die Mittel an die Hand gegeben, die sie in Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols bis hin zum Schußwaffengebrauch benötigt. Unter unmittelbaren Zwang versteht man die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch[1]. Abs. 1 zählt die zulässigen Mittel des unmittelbaren Zwangs abschließend auf und unterscheidet zwischen unmittelbaren Zwang gegen Personen und unmittelbaren Zwang gegen Sachen. Die Unterscheidung ist vor allem für die Reihenfolge der Zwangsmittel (vgl. § 32 Abs. 1 Satz 3 SächsPolG) von Bedeutung[2].

b) Ziel der Zwangsanwendung ist das Überwinden eines der polizeilichen Maßnahme entgegenstehenden Willens, Verhaltens oder Zustandes oder die Beseitigung von Hindernissen[3]. Der unmittelbare Zwang kommt zur Durchsetzung vertretbarer oder unvertretbarer Verpflichtungen in Betracht[4]. Unmittelbarer Zwang hat keinen Straf- oder Bußcharakter. Er soll nicht das Verhalten einer Person ahnden, sondern als Beugemittel[5] ein Handeln, Dulden oder Unterlassen erzwingen oder einen Zustand unmittelbar herbeiführen[6].

c) Der unmittelbare Zwang ist von der Ersatzvornahme (§ 24 SächsVwVG) und der unmittelbaren Ausführung (§ 6 SächsPolG) abzugrenzen. Bei ersterer wird die durch den Verwaltungsakt angeordnete vertretbare Handlung statt durch den Verpflichteten durch die Polizei selbst oder einen von ihr beauftragten Dritten herbeigeführt. Bei letzterer liegt im Prinzip eine Ersatzvornahme vor, jedoch fehlt es an einem zu vollstreckenden Verwaltungsakt. Der unmittelbare Zwang ist demgegenüber im wesentlichen darauf gerichtet, den Willen des Betroffenen zu beugen.

  

2. einfache körperliche Gewalt

Das SächsPolG verzichtet auf eine eigene Definition der körperlichen Gewalt[7]. Einfache körperliche Gewalt ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch Polizeibedienstete im Wege der Anwendung von Körperkraft ohne Zuhilfenahme von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt oder Waffen. Darunter fällt z. B. das Wegführen einer Person am Arm, die Anwendung, aber auch das Wegschieben von Fahrzeugen[8].

 

3. Hilfsmittel der körperlichen Gewalt

§ 31 Abs. 2 Satz 1 SächsPolG enthält keine Definition, sondern eine Aufzählung der wichtigsten Hilfsmittel der körperlichen Gewalt auf[9]. Zu den Reizstoffen gehören vor allem Tränengas und Beimischungen zum Wasser für Wasserwerfer. Sprengmittel sind zum Sprengen von Sachen bestimmte explosive Stoffe. Dies schließt einen Einsatz von Sprengmitteln gegen Personen aus[10].

 

4. Waffen

Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr und automatische Handfeuerwaffen zugelassen. § 31 Abs. 3 SächsPolG zählt enumerativ die von der Polizei einsetzbaren Waffen  auf[11]. Maschinengewehre zählen nicht dazu, auch weil sie keine automatischen "Hand"feuerwaffen sind[12]. Zur Anwendung von Waffen siehe §§ 33 und 34 SächsPolG.

zurück zur Übersicht


[1] Beljin/Micker, JuS 2003, 556, 560
[2] Belz, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, S. 100
[3] Berner/Köhler, PAG Bayern, Art 61 Rdnr. 2
[4] Beljin/Micker, JuS 2003, 556, 560
[5] Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 4. Auflage, Rdnr 496
[6] Belz, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, S. 100
[7] vgl. Art 61 Abs. 2 PAG BAyern
[8] Belz, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, S. 100
[9] Berner/Köhler, PAG Bayern, Art 61 Rdnr. 2
[10] Belz, Polizeigesetz des Freistaates Sachsen, S. 100
[11] Berner/Köhler, PAG Bayern, Art 61 Rdnr. 5
[12] Böhrenz/Unger/Siefken, SOG Niedersachsen, § 69 Rdnr. 5