§ 21
Platzverweis, Aufenthaltsverbot, Wohnungsverweisung
1. Allgemein
2. Platzverweis
3. Aufenthaltsverbot
b) Für die
erforderliche Annahme reicht eine hinreichende
Wahrscheinlichkeit für die Begehung oder eines Beitrags zur Begehung von
Straftaten aus[24].
Bloß Vermutungen genügen nicht. Des Weiteren ist zu beachten, daß schon eine
entfernte Möglichkeit eines Schadens das polizeiliche Handeln erforderlich
machen kann, wenn es um den Schutz besonders hochwertiger Sicherheitsgüter wie
Leben und Gesundheit geht. Je größer und folgenschwerer der möglicherweise
eintretende Schaden ist, um so geringer sind die Anforderungen, die an die
Wahrscheinlichkeit seines Eintritts gestellt werden[25].
Dabei können auch Gesichtspunkte der Generalprävention das öffentliche
Interesse an einem Aufenthaltsverbot begründen[26].
c) Räumlich kann sich das
Aufenthaltsverbot auf die gesamte Gemeinde oder einen Teil davon erstrecken. In
bestimmten Fällen kann es ermessengerecht sein, das Aufenthaltsverbot auf ein
gesamtes Stadtgebiet erstrecken, wenn bei einer Begrenzung auf bestimmte
Bereiche zu befürchten wäre, daß sich die Szene verlagert[27].
Zeitlich gibt der Gesetzgeber die
Höchstdauer von drei Monaten vor. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit, insbesondere bei der Bestimmung der räumlichen
und zeitlichen Dauer des Aufenthaltsverbotes ist dem Gewicht des durch die
Straftat bedrohten Rechtsgutes Rechnung zu tragen[28].
§ 21 Abs. 2 Satz 3 SächsPolG fordert, daß die Wahrnehmung berechtigter Interessen durch den Betroffenen unberührt bleiben. Zu
den berechtigten Interessen gehört dabei z. B. das Aufsuchen eines Arztes,
Rechtsanwaltes oder Sozialarbeiters sowie die Teilnahme an Wahlen oder
Demonstrationen[29]. Ob
auch die Deckung des Lebensbedarfes zu den berechtigten Interessen i.S.d. § 21
Abs. 2 Satz 3 SächsPolG gehört, hängt davon ab, ob sie am Wohnort des Betroffenen
möglich ist.
4. Wohnungsverweisung
Mit der
Regelung der Wohnungsverweisung kommt der Staat seinem Schutzauftrag aus Art 2 Abs. 2 GG nach[30].
Diese Befugnis soll den zivilrechtlichen Rechtsschutz nach dem
Gewaltschutzgesetz[31]
flankieren[32]. Ob
diese Regelung angesichts der Möglichkeit eines Platzverweises und eine
Aufenthaltsverbotes notwendig war, ist umstritten[33].
Bei der Entscheidung über eine Wohnungsverweisung hat die Behörde eine
gerichtlich voll überprüfbare Prognoseentscheidung
zu treffen[34]. Danach
muß den bedeutenden Rechtsgütern Leib, Leben oder Freiheit mindestens eine gegenwärtige Gefahr drohen. Gegenwärtig
ist eine Gefahr, wenn ein Schadenseintritt besonders nah ist. Dazu kommt auf
der Rechtsfolgenseite die Ermessensentscheidung
über das Ob und Wie der Maßnahme. Adressat der Wohnungsverweisung ist der
Gefahrverursacher[35].
Die Frist des § 21 Abs. 3 SächsPolG ist eine Höchstfrist. In Fällen häuslicher
Gewalt kann auch der Ehegatte des Gewalttäters eine an diesen gerichtete
polizeiliche Verfügung über eine Wohnungsverweisung anfechten[36].
Dabei ist das Selbstbestimmungsrecht des Opfers mit dem Schutzauftrag des
Staates abzuwägen[37].
Die
zwangsweise Durchsetzung der Standardmaßnahmen des § 21 SächsPolG erfolgt in
der Regel mittels des sogenannten Verbringungsgewahrsams[38]
nach § 22 Abs. 1 Nr. 4 SächsPolG.